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Shavo Kivilaâsko
Shavo Kivilaâsko
Rasse: Mensch, Geschlecht: männlich
Nickname: Shavo
Beschreibung
Man gab mir soeben
Das Geschenk meines Lebens
Das Wissen von einem Ende der Nacht
Ich war widerstrebend
Doch es blieb an mir kleben
Als hätte es einer an mir festgemacht
- Tocotronic
Hallo.
Ich kaufe ungern Toilettenpapier. Auf meiner rechten Stirnhälfte habe ich eine kleine Narbe. Statt Toilettenpapier kaufe ich Haushaltspapier. Das schneide ich in der Mitte durch – die Verkäufer sollen nicht wissen, dass ich kacke. Mit vier Jahren bin ich im Kindergarten gegen eine Heizung gerannt. Daher die Narbe.
Ich bin 1,82 groß, wie eigentlich jeder volljährige Mitteleuropäer. Habe Leonardo DiCaprios Titanic-Figur – dünn mit einer kleinen Wampe. Meine obere Gesichtshälfte ist schön. Die untere nicht.
Ich habe dunkelbraune Haare. Ich besitze nicht viel, aber immerhin eine Frisur. Und eine gute Haut. Nur nach dem Rasieren habe ich manchmal einen Pickel an meiner linken Wange. Immer an der gleichen Stelle. Deshalb lass ich meinen Bart wachsen.
Meine Augen sind braun. Ob ein Glas halb voll oder halb leer ist, kann ich nie entscheiden. Die Frau in der Reinigung vergisst immer meinen Namen. Sie nennt mich „der Junge mit den schönen Hemden“. Nicht viele Leute mögen mich. Aber die, die es tun, mögen mich wirklich.
Wenn es kalt wird, werde ich aggressiv – meine Mutter hat mich einmal als Baby im Winter auf einem Balkon vergessen. Zurzeit mache ich gar nichts. Meinen ersten Job, Abitur, Bundeswehr, Grundstudium habe ich hinter mir. Ich zeichne oft. Wenn ich nicht Blätter verhunze, dann spiele ich Gitarre.
Ich wäre gern ein Panzer. Gebaut von Ferrari. Zu zwei Drittel gefüllt mit Wissen. Der Rest Gefühle.
Das ist meine Geschichte.
I hope you don’t break my heart of stone.
- Oasis
Klamotten.
Nachdem ich endlich meinen eigenen Geschmack finden durfte, wusste ich erst einmal gar nichts damit anzufangen. Führte zu vermehrtem Polohemden Kauf. Und Jeans. Stonewashed Jeans, Blue Jeans, Levis Jeans, Jeans mit Nieten und ohne. Dazu immer Polohemden. Schwarz oder dunkelblau. Mein Held: der kleine weiße Poloreiter rechts oben am Hemd. Jacken? Hatte ich selten. Selbst im Winter trug ich immer nur Kapupullover. Dann aber natürlich mehrere übereinander. Irgendwann hab ich dann gemerkt, dass so ziemlich jeder Jeans und trug und der kleine weiße Poloreiter drückte mir zu sehr auf den Geldbeutel.
Ich glaube, mein jetziger Klamottengeschmack ist beknackt. Aber immerhin anders.
Ich habe eine schwarze Hose an aus einem Stoff, den ich nicht kenne, der aber besser ist als Kurt, Baumwolle, Jeans, Hanf und Seide (ich hatte sie alle). Meine Kapupullover trag ich immer noch. Aber jetzt drunter. Unter einem blauen Nadelstreifenanzug, der etwas kaputt ist. Und ganz da unten drunter hab ich dann immer noch ein Polohemd mit Poloreiter. Immer noch mein heimlicher Held eben. Meine Schuhe sind so hässlich gar nicht. Etwas abgelatscht ja. Aber sie haben nicht einmal eine Marke und das ist gut. Sie sind nur schwarz. Links befindet sich aber ein roter Schnürsenkel. Als Gegenstromschwimmermerkmal. Dachte ich immer, fälschlicherweise.
Irgendwie hat jeder Spinner zwei unterschiedlich farbige Schnürsenkel.
Etwas, das ich nie und niemals hergeben werde ist mein Rucksack. Ziemlich zerschlissen. War mal schwarz, ist jetzt irgendein ausgewaschenes dunkelgrau. Das schöne an ihm: ein Poloreiterbutton. Da drin ist nur Kram und nicht wichtig.
Kommen wir jetzt zu dem brisanten Teil meiner selbst.
Bitte versteht mein Verhalten als Zeichen der Ablehnung mit der ich euch gegenüber stehe!
- Die Ärzte.
Das Geschenk.
Ich wollte es nicht haben. Es wurde mir gegeben und ich musste es annehmen. Manchmal zeichne ich einen Strich und weiß erst dann, was es wird, wenn die Zeichnung fertig ist. So verhält es sich auch mit dem Geschenk. Ich hab bisher nicht einen Strich in seine Richtung machen können. Manchmal glaube ich, ich wäre ein zweiter Jesus. Meine Freunde glauben das auch. Manchmal. Meine Feinde hingegen glauben ich sei ein Spinner. Ich weiß nur leider nicht, wer Recht hat.
Bei den Bekannten meiner Oma galt ich immer als sehr brav.
Wie fest getackert.
Knock, knock, knockin’ on heavens door.
- Bob Marley
Das sind keine Rätsel, das ist offensichtlich, sowie es vorliegt, auf meiner Hand. Die Zweige der Bäume sind jetzt schon erblüht. Sie verästeln sich ständig und kreuzen sich dann.
Und in deinen Augen sind Dinge lesbar, deren tiefere Botschaft ist mir nicht bekannt. Doch das sind keine Rätsel, das ist offensichtlich, sowie es vorliegt, auf meiner Hand.
Teil 1 des Geschenkes. Erkenne den Unterschied. Sehe die Dinge.
Heute oder morgen, es kommt nicht darauf an, jedoch mit Sicherheit zur aller besten Zeit, wird uns von nun an jeden Tag ein ziemlich guter Rat gewissermaßen frisch aufgekocht und aufgetischt. Und dieser guten Gaben können wir uns nicht erklären weil wir nicht dazu kommen.
Man wolle nur das Beste für unser Wohlbefinden, deshalb ist die Lage, gelinde ausgedrückt, im höchsten Maß verzwickt.
Und wir scheinen zu begreifen, wir bräuchten jeden Tag, einen ziemlich guten Rat der uns aufs Genauste sagt, wie man sich einen solchen Rat in genau dieser Art in der nächsten Zeit erspart!
Teil 2 des Geschenkes. Die Lösung von Problemen, das Enträtseln der Natur, das Wissen vom Ende. Ich kann mich schlecht ausdrücken.
Du bist der Jackpot meines Lebens zugegeben der Vergleich ist eher schief als eben. Doch, wenn du lachst gehen drei Sonnen auf; wir sind raus und wir sind stolz darauf!
Du hast das Know-how und ich dein Vertrauen, wir werden das System durchschauen. Und wenn du lachst gehen drei Sonnen auf; wir sind raus und wir sind stolz darauf!
Geschenk Teil 3. Von außen betrachtet sieht alles anders aus. Es ist echt lustig, es von nebenher an zu sehen. Vielleicht versteht mich einer.
Ich tu’s nicht.
Man gab mir soeben
Das Geschenk meines Lebens
Das Wissen von einem Ende der Nacht
Ich war widerstrebend
Doch es blieb an mir kleben
Als hätte es einer an mir festgemacht.
Geschichte
Alles, was geschieht, geschieht.
Alles, was im Zuge seines Geschehens erneut geschieht, geschieht erneut.
Alles, was im Zuge seines Geschehens etwas anderes geschehen lässt, lässt etwas anderes geschehen.
Allerdings tut es das nicht unbedingt in chronologischer Reihenfolge.
-Douglas Adams
1. Der Traum.
Ich gehe einen Strand entlang. Es ist warm. Viele Menschen. Alle essen Cornetto Erdbeer. Auf einmal breche ich ein.
Ich befinde mich auf einem unterirdischen Parallelstrand. Links und rechts ist alles schwarz. Der Sand ist klumpig-feucht. Ich schaue nach oben und sehe, dass der Strand über mir nur eine hauchdünne Sandschicht ist. Doch außer mir können alle anderen Leute darauf gehen und existieren. Durch das wie mit einem Zirkel gezogene Loch sehe ich die Sonne, höre glückliche Stimmen und die Brandung rauschen. Ich schreie, aber niemand hört mich. Oder will mich hören.
Dann stehe ich mit Zuckerwatten-Konsum-Alptraum Jeannette Biedermann auf meinem alten Schulhof. Genauer gesagt im Mittelkreis des Basketballfeldes. Die Körbe sind abgerissen. Das Feld liegt zwischen den Lernbungalows und der Sporthalle mit üppiger Gläserfront.
„Kommst du endlich?“, fragt Jeannette und greift meine Hand.
Ihre Brüste sind durch das viele Training kleiner geworden, sagt sie. Ihr Dekolletee sieht wirklich sehr knöchern aus.
Sie versucht mich mit ihren affektierten, stumpfen Augen anzustrahlen. Sie sollte öfter Tücher tragen, finde ich. Ich gebe ihr das schwarze Bandana, das ich zufällig in der Hand halte. Ohne zu fragen legt sie es an.
Jeannette greift wieder nach meiner Hand und zieht mich Richtung Turnhalle. Ich bin jetzt glücklich.
Die Tür ist offen. Wir gehen an den vom Hausmeister gezimmerten und mit Medizinbällen (grün, braun, rot) bestückten Regalen vorbei Richtung Umkleidekabinen. Erstaunt registriere ich, dass Jeannette mich zum Jungs-Umkleideraum zieht. Da wir kein Sportzeug dabei haben, wir aber nicht zu spät zum Unterricht kommen dürfen (Strafrunde pro Minute), gehen wir zügig diagonal durch den weißen, quadratischen Raum Richtung Turnhalle. Auf dem Weg geraten wir ins Stolpern. Wir fallen in eine höchstens 10 cm große Spalte zwischen der weißen Wand aus Kreide und einem vom Hausmeister gezimmerten, quadratischen Mülleimer ohne Öffnung, auf dem „HSV ist scheiße“ steht.
Ich liege auf Jeannette.
Sie sagt: „Wenn du mich jetzt nicht küsst, bist du gemein und wirst Gaststar bei ‚Gute Zeiten, schlechte Zeiten.’“ Wir küssen uns. Der Rest der Klasse kommt herein. Alle sagen im Chor: „Jetzt ist es wohl endlich offiziell.“
Jeannette und ich haben keine Lust mehr auf Sport. Wir gehen den Weg durch den weißen Würfel zurück. Durch den Gang, über den Schulhof, durch die Pausenhalle, zum Vordereingang hinaus. Wir spazieren auf dem zwei Meter breiten Rasenstreifen, der sich einmal um die halbe Schule schlängelt. Bis wir an meinem Auto ankommen. Wir küssen uns wieder.
Im Hintergrund jongliert Xavier Naidoo mit Bällen aus Feuer. Es singt irgendwas, aber ich kann ihn nicht verstehen. Plötzlich bremst ein weißer 190E-Mercedes mit nachgemachten BBS-Felgen. Boris Becker steigt aus. Er schreit fürchterlich laut „Mistekacke!“ und „Du hast mich gesehen, gib es zu, du Arsch!“ und „Stimmts?“ und „Du dummer Wichser!“. Er kommt auf mich zu. Wir geben uns erst normal die Hand. Dann die Armdrücken-ähnliche Männergeste, dann verkanten sich unsere Fingerkuppen ineinander, dann hauen wir unsere Faust viermal gegeneinander, zweimal von vorn und einmal jeweils von oben und unten. Als sich unsere Hände endlich von einander lösen, greift Jeannette wieder nach meiner Rechten.
„Ich habe gerade meine Freundin geküsst, als ich an die vorbeigefahren bin.“ BummBummBoris zeigt auf den leeren Mercedes. „Das verrätst du, oder? Du Verbrecher!“
Ich sage: „Tut mir Leid.“
„Was kriegst du dafür?“, fragt er.
Ich sage: „2000 Euro.“
Er drückt wieder meine Hand. Diesmal fester. Xavier hat sich mittlerweile mein Surfbrett genommen. Mit lautem Geschrei nimmt er Anlauf, springt mit dem Wellenreiter auf die Motorhaube meines Autos und surft hin und her.
„Gib mir die Hälfte, ich brauche die Kohle. Steuerprobleme.“, sagt Boris. Setzt sich in seinen Wagen und lässt Gummi stehen.
Freud sagte mal sinngemäß: „Alles, was in einem Traum vorkommt, jede Figur, jeder Gegenstand, ist ein Teil von dir selbst.“
Jeannette Biedermann?
Ich bin wohl kaputter als angenommen.
I’m just a dreamer I dream my life away.
- Ozzy Osbourne
2. Danach…
Die Wege die ich geh’ sind menschenleer, das ist nicht zu überseh’n.
‚Man kann es dreh’n und wenden, wie man will…’, dachte ich und legte etwas auf den Grill – die Zeit stand still.
Jenseits des Kanals war der weite, blaue Himmel. Ein verborgenes Geräusch – wie eine Fahrradklingel? – tönte aus der Ferne in die schwüle Luft hinein. Ich stand allein in meinem Garten, alles schien erstarrt in einem Warten auf die letzten Sommertage dieses Jahres und mir war es alles andere als fremd.
3. …und jetzt…
Meine neuen Gedankenansichten verwirrten mich ja schon erfolgreich. So ein präpupertärer Geschmack auf der Zunge, den ich das letzte Mal hatte, als meine Mutter mich über das menschliche Sexualleben aufklären wollte. Da war ich 11. Naja.
Bis dato war mir aber noch nicht klar, dass der Grill mit dem einsamen Würstchen (also mit mir) in meinem Garten ein Türchen in die Ära der Fantasyspacken ist. War er aber wohl doch.
Alleine Grillen ist ja schon dämlich genug. Aber als dann die olle Glut sich dazu entschloss, fröhlich in den Regenbogenfarben zu leuchten, stand es für mich fest: Du bist durchgeknallt. (Schlimm genug, dass ich von Jeannette Biedermann träume, eh?) Da kamen mir von irgendwo her folgende, lustige Worte über die Lippen: „Man sagte mir, es sei so weit, es komme eine Seltsamkeit und alles, was bis jetzt noch war, sei dann auf einmal nicht mehr da.“
Und blupp!, war ich weg. Mein Grill grillte vor sich hin, die Grillen auch, mein Garten lies weiter fleißig Unkraut wachsen und ich glaube, im Bad war das Licht noch an.
4. In der Zauberwelt.
Ich habe gehalten in der langweiligsten Landschaft der Welt. Ich habe mich unterhalten und festgestellt, dass es mir hier gefällt.
Die Ausbeutung des Menschen erreicht eine neue Qualität und wie man aus aller Munde hört wird die Schwertkampfkunst hier noch gerne gepflegt.
Ich höre mich sagen, mehr leise als laut: ‚Das haben sich die Bewohner hier selbst aufgebaut…’
Let there be Rock!
Und alles, was ich hasse, seid dem ersten Tag wird mich niemals verlassen, weil ich es eigentlich ja mag.
Und ich höre mich sagen, mehr leise als laut: ‚Das haben sich die Bewohner hier selbst aufgebaut.'
Let there be Rock!
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