Saganas
Rasse: Vergessener, Geschlecht: männlich
Nickname: Saganas
Beschreibung
1. Stein
2. Saganas
3. Die Bor
Ruhig und grün lag die Lichtung vor uns. Friedlich statteten Schmetterlinge dem farbigen Teppich der Natur Besuche ab. Nach dem schweigenden Genuss der Idylle fiel uns der moosbedeckte Stein auf, mitten auf der Lichtung und fast unsichtbar, so gut versteckte ihn das kniehohe Gras. Makah schritt auf ihn zu, ging vor ihm in die Hocke und bog das Grün bei Seite.
„Levian hier steht etwas…“, sagte sie sofort und ihre smaragdfarbenen Augen huschten nervös über die grün-graue, mit Flechten bewachsene Oberfläche. Ich wurde hellhörig und trat neben sie, um mir genauer an zu sehen, was sie denn entdeckt hatte.
„Hm… das sieht recht alt aus. Lass mal sehen, ob ich das noch entziffern kann…“
Makah nickte und rückte etwas zurück, um mir Platz zu machen. Ich erfühlte das kalte Gestein ruhig mit den Händen, denn als Forscher habe ich gelernt, dass nicht nur die Augen sehen können. Am Ende hab ich gut eine Stunde benötigt, um die Zeilen, welche auf altechsisch verfasst waren, zu entziffern. Hier nun, was auf dem Stein geschrieben stand…
Ich werde zu den Göttern flehen, will vergessen, was ich einst gesehen. Doch der Abend legt ein Tuch aufs Herz und auf die Seele hinterm Weltenschmerz. Seine Augen waren weiß und leer – weh mir o weh – und die Vögel singen nicht mehr.
Kalter Stein auf kaltem Grabe, längst gegangen sind die Tage. Und die Augen werden mir so schwer – weh mir o weh – und die Vögel singen nicht mehr.
Eine weitere Stund verging, in der Makah und ich uns einfach nur anschwiegen, über den Sinn des Geschriebenen nachdachten. Denn immerhin war es altechsisch… die Sprache einer Kultur, die noch vor den Menschen untergegangen war.
Plötzlich durchbrach Makah meine Gedanken mit einem „Pscht!“. Aufgeschreckt sah ich auf. Ich hatte doch gar nichts gesagt…?
„Hörst du das?“, flüsterte sie dann angespannt und sah sich misstrauisch um. Ich lauschte angestrengt. Hielt sogar den Atem für Sekunden an. Doch ich konnte nichts vernehmen. Wieder verging einige Zeit, ehe ich etwas sagte.
„Nein. Nichts.“
„Eben…“, wisperte sie nervös. „Nichts. Hörst du sie nicht? Diese Stille?“
Wie versteinert starrte ich Makah an.
„Und die Vögel singen nicht mehr…“, murmelte ich wie betäubt. „Schnell! Hilf mir, den Stein weg zu schieben.“
Makah sah mich irritiert an.
„Kalter Stein auf kaltem Grabe.“, erklärte ich hastig und war schon bemüht, den Stein weg zu schieben, doch er bewegte sich erst mit Makahs Hilfe. Wie ich es gedacht hatte. Darunter gähnte uns ein Loch an, in das problemlos ein erwachsener Mann einsteigen könnte.
„Meinst du, es ist ein Grab?“ Ich sah sie Schultern zuckend an.
„Das werde ich herausfinden.“, antwortete ich nur. Zögernd streckte sie die Hand nach mir aus. „Levian, warte…“, doch ich war schon in der gähnenden Finsternis verschwunden.
So dunkel war es hier gar nicht. Es fiel genug Tageslicht in die gruftartige Erdkammer, um Konturen erkennen zu können. Mehr als Staub offenbarte sich mir allerdings nicht. Vorerst. Weiter hinten verschwand etwas im Schatten, vermutlich eine weitere Kammer. Das Echsengrab, so hoffte ich. Doch noch ehe ich es inspizieren konnte, wurde die Welt augenblicklich zur Hölle. Ich verlor den Boden unter den Füßen, die Erde bebte und Steinbrocken fielen von der Decke. Aufgeschreckt zog ich mich in eine Nische. Ich hatte das Gefühl, mein Herz drohte aus der Brust zu springen, als meine Gedanken von einem markerschütternden Schrei durchgebrannt wurden. Mekah! Quasi im selben Moment hörte ich sie. „Levian!!“
Ihr Kreischen fuhr mir durch den Körper wie hundert heiße Dolche. Ich war unfähig, mich zu bewegen und kauerte letztendlich zitternd und mit Angstschweiß auf der Stirn in der Nische. Ich spürte nicht einmal die Steine, die auf mich fielen, hörte nur immer wieder Mekah, wie sie meinen Namen rief, welcher dann irgendwann in nichtmenschliches Schreien überging. Dann verebbte das Kreischen und ich hörte ihre Stimme nicht mehr. Hoffend, dass der Schrecken bald ein Ende nahm, presste ich die bebenden Lippen auf einander, schloss die Augen und verschwand in der Schwärze.
Als ich aufwachte, war es totenstill. Licht fiel in die Erdkammer durch das Loch, welches nun sich doppelt so groß war, wie vorher. Ich war über und über mit Staub bedeckt, doch wie im Träume stand ich auf und kroch gelähmt und unendlich langsam an die Oberfläche. Mekah fand ich dort nicht.
Dafür aber ihn.
Saganas
Ich gab ihm den Namen Sagans, welcher aus dem altechsischen stammt und „vergessen“ bedeutet. So nannten ihn wohl auch die Echsenkaiser des Alten Reiches, Vergessener, das einzige, mir bekannte Volk, welches von seiner Existenz berichtet. Von diesen altechsischen Schriften habe ich auch Wissenswertes übernommen.
Beginnen möchte ich nun mit dem Äußeren. Nie sieht man seinen gesamten Körper, er ragt stets wie ein Wurm aus einem gewaltigen Erdloch. Das längste, was ich von ihm gesehen habe, waren gut 20 Schritt in die Höhe. Gliedmaßen scheint er keine zu haben. Sein gesamter, violett geschuppter, schlangenartiger Körper ist von blauen, in einander verschlungenen Ornamenten bedeckt, sein Bauch mit großen Hornplatten. Der Kopf ist lang, die spitzen Zähne ragen selbst bei geschlossenem Maul gut sichtbar hervor. Dort, wo vermutlich die Ohren sind, befinden sich fächerartige Dornen, zwischen denen sich eine transparente Haut spannt. Ist Saganas in Ruhe, sind diese Fächer zusammengeklappt, andernfalls das Gegenteil davon.
Das Sonderbarste an ihm ist jedoch das mattsilberne Gebilde auf seinem Kopf, ich nenne es Maske, die Echsenkaiser schrieben von „Taludas“, einem Helm oder Schutz. Ich vermute jedoch, dass die „Maske“ entweder eine andersfarbige Schuppenplatte oder ein Knochenwuchs ist.
Saganas bewegt sich ausschließlich unter der Erde oder in den schwärzesten Tiefen riesiger Seen, auch wenn er manchmal stundenlang regungslos an der Oberfläche ausharrt. Fest steht, dass er vollkommen blind ist – ein Grund, warum die meisten Illusionszauber bei ihm keine Wirkung zeigen, ebenso wie jegliche Art von Beherrschungsmagie. Auch sonst ist er ungemein widerstandsfähig gegen jegliche Zauberei.
Doch auch wenn Saganas nichts sehen kann, so ist er befähigt, Wesen auf schätzungsweise 1 Meile über der Erde und etwas 500 Schritt darunter mit Hilfe von Wärmewahrnehmung zu orten. Im Kampf ist er ein schrecklicher Gegner, auch wenn seine Schuppen bei Weitem nicht den Schutz bieten, wie zum Beispiel Drachenhaut. Allerdings ist er fähig, mächtige Erderschütterungen hervorzurufen, die ich schon am eigenen Leib erfahren musste. Sein Brüllen kann, besonders für sensibles Gehör, äußerst schmerzhaft sein und auch Ohren zu halten nutzt hier wenig.
Die größte Gefahr ist aber definitiv sein Maul. Er reicht schon, die weit aus einander gerissenen Kiefer mit einer Vielzahl von mörderisch scharfen Zähne auf sich zu rasen zu sehen, damit einem das Herz stehen bleibt.
Leider scheint Saganas nicht in der Lage zu sein, zu sprechen, nicht einmal über die Gedankensprache, doch intelligent genug ist er alle Male. Deshalb wissen weder ich noch die alten Echsenkaiser, ob er Worte versteht, oder nicht.
Gez. Levian Purou, Professor für Mythologie und Kryptographie
Die Bor
Ein weiteres Kapitel um Sagans herum und zu dem ein sehr wichtiges, sind die Bor. In den altechsischen Schriften wurden sie nur am Rande erwähnt und zwar als Sagans’ Tentakel. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, es handelt sich bei den Bor um eigenständige Lebewesen. Tatsächlich sehen sie aus wie Tentakel, die, ebenso wie Saganas, aus der Erde ragen, aber nie größer als 7 Schritt sind. Sie haben, so weit ich weiß, weder Augen noch Ohren- oder Nasenöffnungen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das kugelförmige Ende, aus denen zwei Stacheln ragen, überhaupt ein Kopf ist. Doch sie scheinen ein Maul mit riesigem Unterkiefer und scharfen Zähne zu besitzen. Meistens sieht man die Bor bevor Saganas selbst auftaucht. Es ist nicht schwer, einen Bor zu töten, aber da sie recht viele sind, ihre Höchstzahl war bisher 15, können sie einen Einzelnen sehr bedrängen. Die Bor haben keine besonderen Fähigkeiten, doch sind sie offenbar vollständig immun gegen jegliche Beherrschungszauberei, Illusion, Täuschung oder Willensbeeinträchtigung. So spüren sie auch offenbar keine Angst und sie von Drohungen oder Worten generell gänzlich unbeeindruckt. Seltsam ist allerdings, dass sie scheinbar von Saganas wissen, wo sich ein Wesen befindet und wie die Umgebung aussieht.
Ich denke, seine Tentakel sind es nicht, aber auf irgendeine Art und Weise sind sie mit Saganas verbunden.
Gez. Levian Purou, Professor für Mythologie und Kryptographie
Geschichte
Wie kann ein Wesen, welches vergessen ist, eine Geschichte haben?
Wie kann man Geheimnisse, Gedanken oder gar Ziele von diesem Wesen finden?
Es wären nur Lügen, weshalb dieses Kapitel von mir an dieser Stelle abgeschlossen wird.
Vielleicht bekommt auch der Vergessene noch seine eigene Vergangenheit und irgendwann werde ich einen Nachfolger haben, der mehr über Saganas herausfindet, denn ich bin mir sicher, dass das, was ich weiß, nur die Spitze des Eisberges ist.
Der Schlüssel ist, das fühle ich, das Grab mit den seltsamen Worten auf dem Stein, vor dem Mekah, möge sie in Frieden ruhen, und ich einst standen.
Hoffentlich findet sich ein eifriger Forscher, der meine Arbeit vollendet
Gez. Levian Purou, Cevre 5., im Jahre 1666
[Dies sind die einzigen Notizen, die in einem von einem Erdbeben zerstörten Gutshaus der Familie Purou gefunden worden. Eigenartig ist, dass Levian Purou schon seid dem Jahr 1456 verschollen und vermutlich tot ist.]
Dank an: Rel Torak für die farbige Gestaltung
Rammstein, für das Ausleihen gewisser Zeilen